Jeder Spinnfischer träumt davon, einmal im Leben einen Meterhecht zu fangen. Doch nicht jedes heimische Gewässer produziert solche Fische. Dann sind Reisen die einzige Chance, diesen Traum zu erfüllen. Schweden und Norwegen gehören zu den Topländern für Hechtfischer. Holger Aderkass hat sie analysiert.
Ich lebe seit einigen Jahren in Südnorwegen und fische sowohl in Norwegen als auch in Schweden auf Meterhechte. Grundsätzlich stehen die Chancen auf einen wirklich grossen Hecht in Skandinavien gut, denn der Befischungsdruck ist aufgrund der geografischen Rahmenbedingungen gering.
1. Faktor – Jahrestemperatur
Hechte sind wechselwarme Tiere. Neben dem Nahrungsangebot bestimmt die Jahrestemperatur die Grösse der Hechte. Je kälter ein Gewässer im Jahresverlauf ist, umso langsamer wachsen die Hechte und umso länger brauchen sie, um kapitale Grössen zu erreichen. In Gewässern, die im Jahresdurchschnitt nicht wärmer als zehn Grad werden, sind deswegen wenige bis gar keine Grosshechte zu erwarten. Der Stoffwechsel der Hechte ist dann einfach zu niedrig.
Die beste Lösung für einen Reisenden in Sachen Grosshecht ist es daher, sich an eine Grenze zu halten. Ich habe mir diese Grenze 100 Kilometer nördlich von Oslo gesetzt: Alles was südlich liegt, ist zu empfehlen, nördlich davon wird es schwierig, mit einem vertretbaren Zeitaufwand an einen Grosshecht zu kommen.
2. Faktor – Timing
In Skandinavien ist es um einiges kälter als in Mitteleuropa. Deshalb beginnt hier die Hochsaison für Hechte erst Mitte oder Ende Mai, denn erst dann sind die Hechte mit ihrem Laichgeschäft fertig. Zu dieser Zeit kommt es häufig auch zu Hochwassern, bedingt durch die Kombination aus Frühlingsregen und Schneeschmelze in den Bergen. Um eben diesem Problem aus dem Weg zu gehen, empfehle ich, nicht vor Anfang Juni zu einem Hechturlaub nach Skandinavien zu starten.
3. Faktor – Standplätze
Die Jahreszeit bestimmt in Skandinavien die Standplätze der Grosshechte. Frühlingszeit ist Uferzeit! Von Mitte Mai bis Ende Juni stehen die Grosshechte meist flach in Wassertiefen von ein bis drei Meter, unmittelbar nach der Laichzeit bis Ende Mai sogar noch im Ufergras. Zu dieser Zeit ist die Oberflächenfischerei am erfolgreichsten. Gefischt wird mit Jerkbaits und Stickbaits um die 20 Zentimeter.
Von Anfang Juli bis Ende September stehen sie dann tiefer in den Bereichen drei bis zehn Meter. Das hängt damit zusammen, dass die Hauptbeutefische in den meisten Gewässern Egli sind, die sich am Tag in diesen Wassertiefen aufhalten. Wo man Eglischwärme findet, sind auch die Hechte nicht weit.
In den Abendstunden ist es aber auch im Sommer immer einen Versuch wert, die Flachzonen mit Jerkbaits und Stickbaits abzusuchen. Besonders in flachen Buchten oder direkt am Ufergras ist das Jerken die erfolgreichste Methode. Ich beschränke mich auf zwei Führungsmöglichkeiten: Zum einen das «Walking the Dog», wobei der Oberflächenköder in eine gleichmässige Zickzack-Bewegung versetzt wird, und als zweites den Geradeaus-Lauf mit kurzen Pausen und leichtem Antwitchen. Köder in Grössen um 20 Zentimeter haben sich dabei bewährt.
Schon ab Anfang Oktober wird das Wasser deutlich kälter, dann kann es auch schon den ersten Nachtfrost geben. Die Hechte verziehen sich mit der Abkühlung wieder in tiefere Wasserschichten. Ich schleppe dann bei langsamer Fahrt bevorzugt mit tieflaufenden Wobblern zwischen fünf und zehn Meter tief.
4. Faktor – Bootsfischen
Das Bootsfischen ist in Skandinavien nahezu überall erlaubt. Ein Boot ist auch in vielen Gewässern die Grundvoraussetzung dafür, um an die Hechte heranzukommen. Insbesondere dann, wenn man Schleppen möchte. Denn das Schleppen ist eine der besten Methoden, um grosse Hechte zu fangen. Hinzu kommen die oftmals riesigen Wasserflächen, die man ohne Boot nur schwer erkunden kann. Da die wenigsten Gastfischer ein eigenes Boot nach Skandinavien mitnehmen können, sollten nur Hecht-Reisen gebucht werden, bei denen zum Ferienhaus ein Boot bereits dazugehört.
5. Faktor – Gewässergrösse
Die Gewässergrösse ist ein weiterer Faktor, den es zu berücksichtigen gilt. Sowohl in Norwegen als auch in Schweden gibt es Seen mit mehreren tausend Hektar Wasserfläche. Meine Erfahrung lautet: Je grösser ein Gewässer ist, das man nicht kennt, umso mehr Zeit muss man investieren, um zum Erfolg zu kommen. Ferienzeit steht jedoch nicht unbegrenzt zur Verfügung! Speziell in Norwegen gibt es ausserdem grosse Seen mit enormen Wassertiefen bis 450 Meter. Hier ist man ohne jegliche Kenntnisse ziemlich überfordert.
Meine Empfehlung: Es ist sinnvoll, sich auf überschaubare Gewässergrössen zwischen 30 und 100 Hektar zu konzentrieren. Das Landschaftsbild um so ein Gewässer verrät einem oft auch schon, wie tief es sein wird. Zum Beispiel deuten Buchten, Felsen und Inseln im Wasser darauf hin, dass diese Gewässer meist nicht so tief sind. Liegt der See hingegen zwischen hohen Bergen mit Felswänden, die steil ins Wasser abfallen, handelt es sich oft um ein Gewässer, das sehr tief und kalt ist und sich nicht für unsere Fischerei eignet.
Brackwasserseen in Küstennähe, die Verbindung mit dem Meer haben, sind absolute Hotspots. Solche Seen finden sich sowohl in Südnorwegen als auch entlang der Schärenküste Schwedens, wobei die Übergänge zwischen einem abgeschlossenen See und einer offenen Meeresbucht fliessend sein können.
6. Faktor – Catch & Release
Egal, wie man dazu stehen mag: Das Thema «Catch & Release» wird in Skandinavien ganz gross geschrieben. Dies um die Stammfische zu erhalten, damit diese ordentlich Nachwuchs produzieren. Dabei spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass der Hecht in Skandinavien, besonders in Norwegen, als Speisefisch nicht so beliebt ist. Wenn Hecht überhaupt auf dem Tisch landet, dann zumeist als Gjeddekake (Hechtfrikadelle). In Schweden kommt der Hecht dann schon mal eher auf den Teller als in Norwegen. Wahrscheinlich ist das auch einer der Gründe für die hohe Bestandsdichte in Norwegen.
7. Faktor – Selektion
In Mitteleuropa können grosse Hechte in stark befischten Gewässern mitunter so «schlau» sein, dass man gute Chancen nur noch mit echten Köderfischen hat. In Skandinavien sollte man dagegen grosse Kunstköder benutzen. Im Lauf der letzten Jahre konnte ich immer wieder feststellen, dass grosse Hechte hier auch grosse Kunstköder bevorzugen und dabei wenig zurückhaltend sind. Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass sie einerseits mit relativ wenig Energieaufwand grosse Beute machen wollen und anderseits kaum Gelegenheit hatten, gegenüber Kunstködern scheu zu werden.
Ich verwende am liebsten grosse Wobbler zwischen 25 und 35 Zentimeter Länge. Da Wobbler in dieser Grössenklasse bis zu 180 Gramm wiegen können, werden sie bevorzugt vom Boot aus zum Schleppfischen eingesetzt. Das Werfen mit solchen Grossködern ist eher anstrengend, und das Führen mit der in der Hand gehaltenen Rute ebenfalls.
8. Faktor – Gerät
Wer einen grossen Hecht fangen will, muss sein Gerät konsequent darauf abstimmen. Zum Schleppfischen empfehle ich schwere Spinn- und Jerkbaitruten von 100 bis 150 Gramm Wurfgewicht.
Eine Rute schleppt man direkt hinter dem Boot (Jerkbait-Rute 1,80 m) und die Spinnrute ca. 2,40 bis 2,70 m mit Scherbrettern seitlich vom Boot. Zudem ist es sicherer, beide Ruten auf einer Bootsseite zu fischen, man hat so einfach mehr Kontrolle. Als Schnur empfehle ich 0,18–0,22 mm starke Geflochtene auf einer 4000er-Stationärrolle oder eine 100er- bis 200er-Baitcaster.
Fischt man mit Seehund, schaltet man etwa 15 Meter monofile Schnur von 0,45 mm Stärke vor die Geflochtene. So hat man ein bisschen Dehnung als Puffer und kann die Schnur besser am Schnur-Clip befestigen. Stahlvorfächer sind ein Muss. Da man mit Hechten über 30 Pfund rechnen darf, empfehle ich Stahl- oder Titan-Vorfächer von mindestens 15 Kilo Tragkraft.
Für die Uferfischerei mit Oberflächenködern sind Jerkbaitruten von 1,80 Meter mit Baitcast-Rolle und 0,20er geflochtener Schnur ideal. Fischt man mit Swimbaits oder grossen Spinnern, kann man auch Spinnruten bis 2,70 Meter einsetzen.
Holger Aderkass








Dani 22. März 2018
Guter Bericht, allerdings muss klar gesagt werden dass auch ein Schwedentripp nicht immer vom Erfolg gekrönt sein muss. Wir haben in einer woche schon 60 Hechte gefangen und im nächsten jahr keine 10 mehr. Aber die Chance auf einen kapitalen 10kg Hecht ist jederzeit gegeben. Aber das schönste an Schweden ist ganz klar die Ruhe und eine wundervolle Natur. Es ist einfach ein Traum.