Im Bodensee-Untersee gibt es exzellente Hechtbestände. Doch vor dem Fangen steht das Finden. Im Mai und Juni ist daher das Driftfischen mit leichtem Spinngerät in flachem Wasser besonders erfolgreich. «Petri-Heil»-Mitarbeiter Carsten Arbeiter zeigt, wie und wo man zum Erfolg kommt.
Ich bin doppelt aufgeregt. Einmal natürlich wegen der Hechte. Aber vor allem, weil mein Sohn Aaron mit dabei ist. Die Schwalen und Egli hat er in den letzten beiden Jahren schon ziemlich erfolgreich geärgert. Mal sehen, ob ihm die Jagd auf Grosswild mit Gummifisch, Wobbler und Spinner genauso Spass macht.
Die Bedingungen an diesem Nachmittag stimmen: Das Wasser hat zwölf Grad und ist schön angestaubt, ein milder Westwind geht, Sonne und Wolken wechseln sich ab. Die erste Drift machen wir über knapp drei Meter Wasser. Gerade noch sieht man den Grund, das Kraut spriesst schon ein wenig. Wir montieren kupferne Spinner mit 18 Gramm – Bodensee-Hechte lieben Kupfer – und die sausen wie Satelliten in die Ferne. Aaron hat den Bogen schnell raus, und Auswerfen macht ja Laune. «Kurbel gleich flott ein», sage ich ihm. Denn die Hechte nehmen im Frühjahr die Köder gern nah an der Oberfläche.
Und Bumm! Beim Papi hängt einer nach 20 Minuten. Ganz weit draussen hat er ihn genommen und wehrt sich wacker. Kein Riese, aber mit gut 60 Zentimeter ein prima Pfannenhecht. Der Sohnemann feumert, danach wird der Räuber erst einmal ausgiebig bestaunt. «Autsch!», meint Aaron, als er die spitzen Zähne untersucht.
Wir driften parallel zur Südseite der Insel Reichenau, keine hundert Meter vom Ufer entfernt. Das Revier ist riesig. Nach der Laichzeit stehen viele Hechte diesseits der Halde im Flachen zwischen zwei und fünf Meter Wassertiefe. Und zwar nicht nur die Kleinen: Letztes Jahr konnte ich einige Hechte über 85 Zentimeter beim Driftfischen erbeuten. Der beste verfehlte die Metermarke nur knapp.
«Hängt!», ruft Aaron plötzlich. Und zwar so laut, dass man ihn wahrscheinlich bis zur Nordsee hört. Tatsächlich ist die Rute krumm. Hänger? Von wegen! Schon schlägt es kräftig im Carbon. Und Aaron ist so aufgeregt wie konzentriert. Für einen Siebenjährigen ist ein Hecht von Mitte Sechzig ein richtig schwerer Gegner. Stück für Stück kommt er näher ans Boot. Ein Schwall, ein Schlag… Oh Petrus, lass ihn nicht abgehen! Und er bleibt dran. Aaron ist doppelt stolz, weil er sich den Köder ausgesucht hat: einen elf Zentimeter langen Lunker-City-Gummifisch, Modell Ghost Rainbow Trout, mit zehn-Gramm-Bleikopf. Wie wird der Fisch bestaunt! Auch der Papi ist stolz. Und das war nicht der letzte Streich. Sechs Hechte fangen wir in drei Stunden, alle im Flachen.
Erfolgreiches Driftfischen
Die Hechte konzentrieren sich immer in bestimmten Bereichen, und die wechseln ständig. Deshalb muss man erst einmal nach ihnen fahnden. Dazu verwende ich am liebsten Mörrum-Spinner, weil man die weit werfen und zügig einholen kann. Ausserdem stehen Bodensee-Hechte auf Spinner. Geht nach einer Stunde nichts, probiere ich Gummifische. Auch die ziehe ich zunächst zügig und ohne Spinnstopps ein, um viel Fläche abzufischen. Da die Hechte im Mai und Juni gern nah an der Oberfläche räubern, lasse ich die Kunstköder gar nicht zum Grund sinken, sondern beginne gleich nach dem Eintauchen mit dem Einkurbeln.
Hat man einen Biss, lohnt es sich unbedingt, in diesem Bereich die Fahndung fortzusetzen. An einem Tag letzten Mai hatten wir elf Hechte innerhalb weniger Stunden – alle auf der Fläche eines Fussballplatzes. Wenn ich ein solches Raubrevier gefunden habe, variiere ich die Führung stärker, lege Spinnstopps ein oder twitche die Wobbler und Gummfische.
Fürs Driftfischen reicht eine Gummifischrute mit 2,40 m Länge und 40 Gramm Wurfgewicht, dazu eine geflochtene 0,16er-Hauptschnur und ein etwa 80 Zentimeter langes Vorfach aus Hardmono. Mehr braucht es nicht, denn neben Spinnern und Wobblern kommen Gummifische von elf Zentimeter mit Bleiköpfen von zehn bis 15 Gramm zum Einsatz.
Bedingungen und Bestände
Ein Wind der Stärke 2 oder 3 ist für das Driften ideal. Bei Windstille fällt das Suchen der Fische schwer, man kommt nicht vom Fleck. Doch an einigen Stellen lässt sich die Rheinströmung nutzen. Geht im Flachen gar nichts, lohnt sich ein Versuch an der Halde. Dort fällt das Wasser schnell auf zehn Meter und mehr ab. Dennoch fische ich im Frühjahr auch hier unter der Oberfläche. Nur wenn keine Bisse kommen und die Hechte offenbar nicht aktiv sind, klopfe ich mit einem schwereren Gummifisch den Grund ab. Das wird dann allerdings ziemlich mühselig, und für solche Fälle habe ich immer eine Felchenrute dabei.
Bis Mitte/Ende Juni stehen die Hechte im Flachen. Unmittelbar nach der Schonzeit (die es im Bodensee nicht mehr gibt) findet man sie oft in nur zwei Meter flachem Wasser; in den folgenden Wochen fängt man sie meist in Tiefen zwischen drei und fünf Meter. Erst wenn das Wasser über 16 Grad warm wird, ziehen die meisten Hechte an die Halde oder ins Freiwasser. Hier wird ihnen mit der Schlepprute oder schweren Gummifischen nachgestellt, aber das ist eine andere Geschichte.
Es gibt wirklich viele Hechte im Untersee. Das liegt am guten Futterangebot, die Tiere wachsen schnell. Zusätzlich zu den guten natürlichen Reproduktionsbedingungen betreiben die Berufsfischer Laichfischfang. Hechte zwischen sechzig und achtzig Zentimeter sind zahlreich, und auch Fische von über einem Meter werden regelmässig gefangen. Aber natürlich springen einem die Hechte nicht ins Boot. Viel hängt vom Wetter ab: Bei Windstille, Ost- und Nordwind, Wetterwechsel und stark schwankenden Temperaturen bleibt man als Untersee-Neuling besser zu Hause. Bläst der Wind dagegen stetig aus Süd und West und ist das Wasser stabil zwischen 12 und 16 Grad warm, kann man beim Driften echte Sternstunden erleben.
Carsten Arbeiter








Albert Zellweger 16. Mai 2018
Ich finde es fragwürdig, dass Petri-Heil hier ohne Vorbehalte darüber berichtet, dass man die Fische während der Laichzeit im flachen Wasser am besten Fangen kann. Auch wenn die Tiere kein Schonmass mehr haben, gehe ich als Seefischer im Mai nicht auf Hechtpirsch, aus Respekt vor der Natur. Auch der Satz „elf Hechte innerhalb weniger Stunden“ ist völlig deplatziert. Da ja Entnahmepflicht herrscht, haben die Fischer mit ihrer Selbstherrlichkeit innerhalb weniger Stunden elf wahrscheinlich Laichträchtige Fische entnommen. Dafür würde ich mich schämen.
Berichtet besser einmal darüber, dass in der 300-Meter-Zone nicht geschleppt werden darf. Sehe nämlich täglich Boote (im Obersee), die im Mai die Uferzone abgrasen. Ich weiss, dass dies am Untersee nicht gilt, da man nur Rudern darf zum Schleppfischen.