Je nach Interessen und Perspektiven kursieren verschiedene Zahlen und Darstellungen. «Fake News» helfen in dieser Sache niemandem weiter. «Petri-Heil» hat sich bei der Schweizerischen Vogelwarte nach Quellen und Fakten erkundigt.
Der Kormoranbestand variiert im Jahresverlauf, da der Kormoran ein Zugvogel ist. Nur ein Teil der europaweit lebenden Kormorane hält sich längere Zeit in der Schweiz auf. Man unterscheidet zwischen durchziehenden Vögeln (Kurzaufenthalter) und den in der Schweiz brütenden und den überwinternden Tieren (längere Aufenthaltszeiten).
Im Jahr 2017 (aktuellste Zahlen) wurden in der Schweiz 2312 Brutpaare in 12 Kolonien gezählt und setzen damit den zunehmenden Trend fort (siehe Grafik). Das entspricht rund 4600 ausgewachsenen Kormoranen mit ebenso vielen Jungtieren. Damit befinden sich im Sommer gut 9000 Kormorane verteilt auf verschiedene Kolonien an Schweizer Seeufern, die grössten am Neuenburger- und am Genfersee. Ein Grossteil des Schweizer Brutbestands zieht nach der Brutzeit nach Südwesten ab. Die höchste Anzahl wird inzwischen im August vor der Migration beobachtet, wenn die Jungvögel flugfähig geworden sind. Der beobachtete Winterbestand liegt in der Schweiz seit fast 20 Jahren recht konstant bei 5000 bis 6000 Individuen. Der Grossteil der Wintergäste stammt gemäss Beringungsdaten von der Ost- und auch der Nordsee und sind also nicht dieselben Vögel wie im Sommer. Diese überwintern anderswo und kommen im Frühjahr zurück, wenn die Wintergäste ihrerseits in nördliche Richtungen wegziehen.
Über die Anzahl der durch die Schweiz ziehenden Kormorane ist wenig bekannt. Im Herbst 2017 wurden an einer Beobachtungsstelle für Zugvögel (Défilé de l’Ecluse) 18 605 durchziehende Kormorane gezählt, die durch die Schweiz gezogen sind. Diese Zahl dürfte auch unsere abziehenden Brutvögel beinhalten und weitere Vögel, bei denen man davon ausgeht, dass sie nur kurze Zeit in der Schweiz verweilen.
Was fressen Kormorane?
Der Kormoran als Nahrungsopportunist jagt jene Fischarten, die am häufigsten sind und/oder am einfachsten verfügbar sind. Somit variiert seine Ernährungsweise abhängig von der betreffenden Fischfauna und dem Gewässertyp (tiefer oder flacher See, Fliessgewässer). In den grossen Mittelandseen dominieren meist Weissfische und Egli die Nahrung. Die bevorzugte Fischgrösse liegt gemäss Langzeitstudien und Studien mit grosser Stichprobenzahl zwischen 10 und 20 cm. Es werden also vorwiegend Jungfische und Kleinfischarten gefressen. Vom Kormoran erbeutet werden können aber auch Fische deutlich über 40 cm, je nach deren Körperform.
Der durchschnittliche tägliche Nahrungsbedarf von Kormoranen ist von verschiedenen Faktoren (Alter, Bewegung, Temperatur usw.) abhängig und ist nicht konstant. Etwa ein Fünftel ihres Körpergewichts wird an Nahrung benötigt, was rund 300 bis 500 g Fisch pro Tag entspricht. Jungtiere fressen über die Aufzucht gemittelt rund 330 g pro Tag. Ein realistischer Durchschnittswert des täglichen Nahrungsbedarfs liegt bei 400 bis 450 g. Rechnet man die Zahlen hoch, kommt man aktuell näherungsweise auf 350 t Fisch im Winter und 530 t im Sommer (siehe Kasten). Berücksichtigt man auch die durchziehenden Vögel, wurden damit im Jahr 2017 zwischen 900 und 1000 t Fische von Kormoranen verzehrt. Besonders unter Druck steht die Westschweiz, wo sich rund 80 % des Kormoranbrutbestandes aufhält.
Ruben Rod
Verzehr (Hochrechnung) |
Verzehr Winter:5221 Individuen (Mittel 2007- 2017) |
Verzehr Sommer:4600 erwachsene Individuen + 4600 juvenile Individuen Total Sommer |


Ribi Markus 28. September 2018
Und da ist der Bodensee und viele andere Gebiete nicht mal miteinberechnet.. keine ahnung was die Vogelwarte mit dem Baldeggersee aussagen möchte aber ja.. bitte endlich eingreiffen und für die Artenvielfalt kämpfen!
Peter 6. November 2018
Doch der Bodensee ist mit inbegriffen bei der Rechnung, bei den 4600 erwachsenen. Die Grafik zeigt nur die 12 Brutkolonien in der Schweiz (z.B. am Baldeggersee). Lesen hilft (;
Was bedeutet für dich Artenvielfalt? Art abschiessen, damit man andere „schützt“ um Versäumnisse in anderen Bereichen auszugleichen?
Martin 30. September 2018
Jetzt den Bestand in der Westschweiz um 2/3 und in der restlichen Schweiz um die Hälfte reduzieren und es gibt einen noch besseren Fischbestand. Da jammern immer alle, es liege daran, dass es zu wenige Phosphate in den Gewässern hätte. Wenn sich der Vogel so drastisch ausbreitet und so viel dabei frisst, muss man sich nicht wundern, wenn die Bestände und Fänge rückläufig sind. Die Schwäne darf man auch gleich mit reduzieren, sowie Nutrias und Waschbären schiessen, die gehören nicht hier her.
Martin 2. Oktober 2018
Als Ergänzung: Interessant ist die vom Bundesrat erlassene Verordnung bezüglich Kormoran, vom 19.10.2015. Nachzulesen auf der Webseite des bufa. Es wäre also durchaus möglich, die Kormoranbestände einzudämmen.
BRH 2. Oktober 2018
Könnte man diese Viecher nicht essen sowie anderes Geflügel, denn dann wäre das Problem schnell gelöst! Sie sind einzeln zwar nett anzusehen aber in diesen Mengen nur eine Plage und was ist in diesem Fall wertvoller in Bezug auf menschliche Nahrung? Fisch oder Vogel? Hätte man zwar den Vogel gegessen, hätte man auch den Fisch!
Peter 6. November 2018
Danke für den Artikel, gibt mal einen nüchternen Einblick ohne Polemik. Schön wäre noch gewesen einige Vergleichszahlen zu haben. Wie viel tonnen Fisch werden in der Schweiz gefangen? Gibt es Korrelationen zum Kormoranbestand? Wie wird der Schweizer Fischbestand geschätzt? Wie viele Fische sterben durch andere Umwelteinflüsse oder durch Sunk-/Schwall-Betrieb? So fällt die Einordnung etwas schwer und lässt Platz für Spekulationen.
Auch die Hochrechnung ist etwas sportlich. Die summe Der Zahlen gibt etwa 885t. Dann von 900-1000t zu sprechen ist doch sehr gut aufgerundet.