Im März kündigte das Traditionsunternehmen Glardon-Stucki SA aus Vallorbe eine gemeinsame Zukunft mit der Engros-Sport-Fisch GmbH von Paul Schönbächler an. «Petri-Heil» wollte mehr über die kapitale Fusion erfahren.
Treffen im Redaktionsbüro in Rapperswil. Die zwei Männer schütteln sich die Hand und lächeln. Die Stimmung ist entspannt. Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein zwangloses Treffen von Kollegen.
Dabei haben unsere beiden Gesprächspartner gerade erst eine der grössten Fusionen in der Schweizer Fischerei beschlossen. Wer sind diese zwei?
Hubert Blum, Geschäftsführer Glardon-Stucki SA
Hubert Blum (63) wuchs im Schwarzwald auf. Nach einem kaufmännischen Hochschulabschluss in Villingen und zwei Jahren Militärdienst zog es ihn ins Waadtland zu seiner Frau, die er in seiner Heimat als «Fille au pair» kennengelernt hatte. Sein Schwiegervater vermittelte ihm einen Job bei der Firma Glardon in Vallorbe, wo er seit dem April 1973 tätig ist.
Der sprachbegabte und gewiefte junge Mann machte sich rasch unentbehrlich in der Firmenzentrale in Vallorbe. Folgerichtig übernahm er die Geschäftsführung nach dem Tod von «Vater Glardon» im Jahr 1984. Die Aktien gingen derweil an die Witwe und ihre zwei Töchter über.
Blum erweiterte das Sortiment um internationale Marken, gewann die Kaufhäuser als umsatzstarke Kundschaft und übernahm 1997 das Traditionsunternehmen Stucki mit seiner einzigartigen Werkstatt in Steffisburg, der heute einzigen professionellen Schweizer Produktionsstätte für Fischereizubehör. Sein erster Fusionsstreich.
Trotz eines zunehmend härteren Marktumfelds mit starker Konkurrenz aus dem Ausland und dem Siegeszug des Internethandels hielten Blum und sein Team das Unternehmen erfolgreich auf Kurs. Man begann die «Swissness» der eigenen Produkte zu bewerben. Die erfreuliche Verfassung der Firma eröffnete eine starke Verhandlungsposition für die strategische Vergrösserung, die Blum seit einigen Jahren anstrebte, um sich für die ungewisse Zukunft der Schweizer Fischerei zu wappnen.
Paul Schönbächler, Gründer Engros Sport-Fisch GmbH
Paul Schönbächler (68) ist einer der erfolgreichsten Unternehmer in der Schweizer Fischereiartikelbranche. Er ist Spross einer Urschwyzer Familie, die 1331 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Der erste «Schönbächler» verdiente sich seinen Namen für das Land, das er am Ufer eines Bachs urbar machte. Heute heisst der Flecken Willerzell.
Pauls Vater Albert war Wirt des Gasthofs «Schlüssel» zwischen Dorfkirche und Bootshafen. Er gehörte zu den Gründern des FV Einsiedeln, der die Pacht und Bewirtschaftung des frisch gestauten Sihlsees übernahm. Paul dachte schon als junger Mann viel über die Zukunft des Tourismus rund um den schönen neuen See nach und erkannte, dass die Fischerei ein Einkommen unabhängig vom unberechenbaren Tagestourismus an den schönen Sommerwochenenden versprach.
Als er dann 1978 sein erstes Fischereiartikelgeschäft in Willerzell eröffnete, kombinierte er das von Anfang an mit Unterkunft und Verpflegung im «Schlüssel», baute einen Steg, vermietete Boote und bot Köder- und Reparatur-Service auch am Sonntag. Mit grossem Erfolg. Zeitweise gehörte das Hechtparadies Sihlsee zu den beliebtesten Reisezielen der Schweizer Fischer. Das änderte sich, als das Reisen in den 1990er-Jahren immer billiger wurde. Nun zog es die Hechtfischer nach Irland und Skandinavien.
Doch «P.S.» war bereits einen Schritt weiter. Er hatte den Versandhandel mittels Hauszeitung entdeckt und weitere Läden an guter Lage eröffnet, z. B. in Wetzikon und Emmenbrücke. 1999 wurde er schliesslich selber zum Grossisten und Importeur und eröffnete der Weltmarke Zebco den Zugang zum Schweizer Markt.
«Petri-Heil»: Wie muss man sich den Anfang dieser Hochzeit vorstellen? Wer machte den ersten Schritt?
Hubert Blum (HB): «Ich habe der Familie Glardon, der die Firma gehört, schon vor einigen Jahren angedeutet, dass ich meine Nachfolge regeln möchte. Rasch wurde klar, dass es in der Familie kein Interesse an der Nachfolge gibt und viel eher ein Verkauf oder eine starke Partnerschaft in Frage kam. Also begann ich diskret meine Fühler auszustrecken.
Paul Schönbächler (PS): «Mir war schon länger bewusst, dass sich in dieser Firma bald etwas ändern würde, denn ich kannte die familiäre Situation. Dennoch war ich ganz und gar nicht auf das Angebot von Hubert Blum vorbereitet. Eigentlich hatten wir uns wegen eines anderen Gesprächs getroffen. Ich brauchte einige Wochen, um diese Idee zu verdauen. Doch dann erkannte ich immer mehr, dass es gute Gründe dafür gab.»
HB: «Für mich war wichtig, dass der künftige Partner oder Käufer ein ernsthaftes Interesse daran hatte das Lager in Vallorbe und die Werkstatt in Thun weiter zu betreiben; zusammen mit unserem exzellenten Team. Ich wollte nicht zusehen, wie jemand die Firma kurzfristig als Vehikel für finanzielle Spielchen missbraucht und dann alles an die Wand fährt.
Deshalb war für mich Paul Schönbächler der Idealfall. Natürlich war es anfangs nicht leicht, denn wir waren ja auch ganz klar Konkurrenten. Ich konnte ihm also nicht einfach so alle Zahlen auf dem Silbertablett servieren, auf der anderen Seite musste er vernünftig kalkulieren können.»
PS: «Ja, das hat schon eine Weile gedauert, bis wir das nötige Vertrauen aufgebaut hatten. Ich liess mir diese Zeit, weil es viele gute Gründe für diesen Schritt gab. Ich wusste aus langer Erfahrung, wie wichtig die Produkte der Glardon-Stucki SA für viele Schweizer Fischer sind. Kein gutes Fachgeschäft kann darauf verzichten.»
«Petri-Heil»: Und wie sieht das Ergebnis dieser langen Verhandlungen aus?
HB: «Ich schlug Paul Schönbächler die Übernahme des gesamten Aktienpakets vor und riet ihm den Firmennamen beizubehalten. Das war für ihn keine Diskussion, so eine gut eingeführte Marke muss man pflegen! Das Unternehmen Glardon-Stucki SA bleibt in der jetzigen Form und mit den firmeneigenen Immobilien bestehen. Es kommt aber zu einer Erweiterung des Sortiments mit Marken, die bisher die Engros Sport-Fisch GmbH vertrieb, namentlich Zebco.
Die Engros Sport-Fisch GmbH wird auf Ende Jahr aufgelöst. Natürlich wird die Zusammenführung der beiden Sortimente nicht einfach. Sie überschneiden sich logischerweise stark nach jahrelanger scharfer Konkurrenz.»
PS: «Neben diesem neuen Engagement wird es weiterhin zwei Ladengeschäfte in Düdingen und Wetzikon geben, die bewusst ein umfangreiches Zebco-Sortiment anbieten. Doch die wilden Gerüchte in der Branche treffen nicht zu, dass wir als Grossist im grossen Stil in den Detailhandel eintreten werden. Mir ist bewusst, dass diese Doppelrolle in der Schweiz nicht funktioniert.»
«Petri-Heil»: Was dürfen die Kunden von dieser Fusion erwarten?
HB (schmunzelt): «Der Katalog 2014 wird wohl etwas dicker werden. Und unser Internetauftritt muss deutlich attraktiver werden. Wir wollen unser vielfältiges Sortiment in Zukunft besser vorstellen und erklären.»
PS: «Wir wollen klar die Schweizer Marke Stucki stärken. Das Stucki Pro Team war da bereits ein guter Schritt, aber wir möchten das weiter entwickeln. Es wird mehr hochwertige Schweizer Produkte unter diesem Namen geben.»
«Petri-Heil»: Wer sich so stark in dieser Branche engagiert, hat auch eine Vision. Wie sehen Sie beide denn die Zukunft der Fischerei in der Schweiz?
HB: «Ich bin wirklich zuversichtlich. Freizeit in der Natur wird immer wichtiger. Dazu gehört auch das Fischen. Wenn die Leute die ganze Woche vor dem Bildschirm arbeiten, dann wollen sie auch mal raus und etwas erleben. Die alten Gene sind ja immer noch da, die lassen sich nicht einfach abschalten! Da ist das Fischen ideal. Man kann den Jagdtrieb auf vielseitige Weise ausleben.
Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Regeln, immer mehr Einschränkungen. Das ist normal: Wir sind ein kleines Land mit vielen Leuten. Aber das wird sie nicht vom Fischen abhalten. Was auch interessant für uns ist: Viele junge Fischer sind extrem. Die investieren richtig Geld in ihre Passion und sie haben eine Schwäche für gutes und spezialisiertes Gerät. Das sind viel versprechende Perspektiven.»
PS: «Mir fällt auch auf, dass die Leute heute viel Geld für ihre Freizeit ausgeben. Die Boote auf dem Sihlsee werden immer grösser und besser ausgestattet. Ich bin ja auch nicht anders. Ich habe mir letztes Jahr auch ein grösseres Boot zugelegt…
Man muss aber auch sehen, dass die Ausrüstung heute eigentlich viel günstiger geworden ist in Bezug auf die Kaufkraft. Früher musste man für eine gute Rolle noch richtig sparen, heute kaufen sich die Kunden zwei davon noch kurz nach dem Feierabend. Bei der Bekleidung dasselbe. Viele Fischer sind heute am Wasser teurer angezogen als im Büro oder zuhause! Ich bin auch überzeugt, dass diese Branche gute Zeiten vor sich hat.»
«Petri-Heil»: Trotz dieser optimistischen Einschätzung haben einige Fachgeschäfte ernsthafte Probleme und einige müssen sogar aufgeben. Hat denn der Fischerladen im Zeitalter der Internetshops wirklich Zukunft?
PS: «Da habe ich überhaupt keine Zweifel. Natürlich ist das Geschäft anspruchsvoller geworden. Die Kunden sind heute besser informiert und sie zahlen nicht mehr jeden Preis. Aber guten Service und seriöse Beratung werden die Leute immer schätzen. Es reicht nicht mehr einfach die Regale zu füllen, man muss sich etwas einfallen lassen und zusätzliche Dienstleistungen anbieten: Kurse, Anlässe, Spezialitäten und so weiter. Und dann zählt halt vor allem auch der Mensch. Wer gut zuhört, auf die Kunden eingeht und ihre Probleme versteht und löst, der wird sich eine treue Kundschaft aufbauen. Das gilt in jeder Branche, und eben auch in unserer. Es wird immer Läden geben!»
Interview: Daniel Luther
