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Petri-Heil

Dein Schweizer Fischereimagazin

Die Krux mit dem Haken

Was gilt jetzt: Sind Widerhaken verboten oder doch erlaubt? Die richtige Antwort: Ein ganz klares «Jein».

Folgende Situation hat sich wirklich so zugetragen: Ein Fliegenfischer angelt in einem Berner Fluss, fängt aber keinen Fisch, sondern reisst seine Montage an einem überhängenden Ast ab. Klar, ist uns allen doch auch schon passiert – bis hierhin also nichts Spannendes. Gedankenversunken knüpft unser Fischer eine neue Nymphe ans Vorfach, wirft diese aber nicht aus, sondern entschliesst sich nach einem Blick auf die Uhr, zum Auto zurückzukehren.
Unterwegs dorthin wird er von Fischereiaufsehern kontrolliert. Da an seiner montierten Nymphe noch der Widerhaken dran ist, wird dem verdutzten Fischer mitgeteilt, er habe sich des Vergehens gegen das Gesetz schuldig gemacht. Dass die Nymphe – noch knochentrocken – keinen einzigen Tauchgang unternommen hat, scheint in dieser Situation nicht von Bedeutung zu sein…

Wie sieht das rechtlich aus? Mal so, mal so!

«Das kann doch nicht sein!» war die Reaktion des Fischers, als er sich mit dieser Geschichte bei uns in der «Petri-Heil»-Redaktion meldete. Und auch wir waren der Meinung, dass hier etwas falsch gelaufen sein musste. Natürlich wollten wir es genauer wissen und fragten in vier Deutschschweizer Kantonen nach, wie eine solche Situation gehandhabt würde. Um es gleich vorwegzunehmen: Keine zwei Antworten waren gleich, sondern alle beurteilen ein und dieselbe Situation unterschiedlich.
Daraus lassen sich für uns Fischer zwei Schlüsse ziehen: Erstens, dass wir nach wie vor in einem föderalistischen System leben, wo halt immer noch der «Kantönligeist» herrscht. Und zweitens, dass wir in jedem Kanton, in dem wir fischen, die dort gültigen Widerhaken-Regelungen genau kennen müssen. Ansonsten machen wir uns möglicherweise strafbar. Und zwar nicht nur «ein bisschen», sondern so richtig.

Zürcher büssen nur, wenn Verfehlungen beobachtet werden

Der Fischereiadjunkt des Kantons Zürich, Dr. Andreas Hertig, erklärt, dass in seinem Kanton das Mitführen von unerlaubten Gerätschaften in der Köderbox am Wasser oder an der Rute beim Parkplatz nicht explizit verboten ist. «Im geschilderten Fall würde im Kanton Zürich von einer Anzeige abgesehen, wenn der Fischer nicht vorgängig dabei beobachtet wurde, wie er nach dem Auswerfen bzw. Einholen der Angel direkt zum Auto ging und dort sofort mit dem gesetzeswidrigen Gerät kontrolliert wurde. Eine trockene Nymphe würde dabei natürlich belegen, dass keine Übertretung vorliegt.»

Im Thurgau wird differenziert

Roman Kistler, Fischereiverwalter des Thurgaus, schreibt: «Diese Situation lässt sich nicht pauschal beantworten. Sollte sich die Situation an einem Gewässer ereignen, wo in den Vorschriften explizit festgehalten ist, dass im oder am Gewässer nur zulässige Fanggeräte mitgeführt werden dürfen (beispielsweise Bodensee-Obersee, Untersee), muss der Kontrollierte mit einer Verzeigung rechnen. An andern Gewässern, wo das Mitführen von zulässigen Fanggeräten nicht explizit definiert ist, wird der Kontrolleur von einer Verzeigung absehen, da der Nachweis des nicht erlaubten Einsatzes des Wider­hakens nicht erbracht werden kann.»
Im gesamten Bodensee ist übrigens, wie auch im Zürichsee, der Widerhaken beim Einerhaken erlaubt, während er beim Drilling verboten ist.

St. Gallen macht keine klaren Vorgaben

Dr. Dominik Thiel, Fischereiverwalter des Kantons St. Gallen, schreibt: «Solche Fälle werden vom Untersuchungsrichter beurteilt, wenn eine Strafanzeige gemacht wurde. Dann wird ein solcher Fall unter anderem auch in Bezug zur Fahrlässigkeit und Vorsätzlichkeit beurteilt, wie ein solches ‹Versehen› vom Betroffenen begründet wird, usw.»
Bevor vom Amt aus eine Anzeige erstattet wird, werde der Fall jeweils zuerst mit dem Vorgesetzten oder dem Rechtsdienst vorbesprochen, damit der Fischereiaufseher vor Ort die notwendigen Vorkehrungen treffen könne, erklärt Thiel.

Konsequent im Bündnerland

Bei den angefragten Kantonen sticht der Kanton Graubünden mit seiner Antwort heraus: «In Graubünden ein klarer Fall: Der Fischer wird mit einer Ordnungsbusse von 100 Franken gebüsst. (Mitführen von Widerhaken)», schreibt Dr. Marcel Michel vom Amt für Jagd und Fischerei Graubünden. Weiter führt er aus: «Wären die Widerhaken im Auto und nicht auf Mann, würde er nicht gebüsst.»
Das heisst also, dass im Bündnerland auch dann eine Busse ausgesprochen wird, wenn ein Haken im mitgeführten Angelkoffer (beispielsweise an einem erst gerade gekauften Löffel) noch Widerhaken dran hat.

Haken-d.-Monats-VMC-Drilling-9626-CH

Mit Zweierhaken und Drillingen siehts noch einmal anders aus, auch wenn Widerhaken bei Einerhaken erlaubt sein sollten in Ihrem Gewässer.

Und was lernen wir daraus?

Die Schweiz bietet uns – bis auf Meeres­fischerei – die meisten Facetten unseres schönen Hobbys. Daher reisen wir gerne fischend durch unser Land. Gerade jetzt im Herbst ist dies landschaftlich besonders faszinierend. Fischt man an einem neuen Gewässer, sollte man sich unbedingt die Frage stellen, ob man mit den Richtlinien in Sachen Angelgerät vertraut ist – und ob die persönliche Ausrüstung diesen Vorschriften auch entspricht. Im Zweifelsfall lohnt es sich, kurz beim entsprechenden Amt nachzufragen (die Adressen findet man in der Fischeragenda).
Sind Sie up to date, wie es rechtlich aussieht in Bezug auf den Widerhaken in Ihrem «Stamm-Gewässer»? Auch dort könnte es in letzter Zeit Änderungen gegeben haben. Und: Haben Sie wirklich nur entsprechendes Gerät in Ihrem Angelkoffer? Je nach Kanton ist das nämlich ebenso entscheidend wie die Frage, mit was Sie fischen…

Dominique Lambert

 

Persönliche Meinung

drlIch schätze die Möglichkeiten, die sich uns in der Schweiz mit ihrem föderalistischen System bieten. Aber irgendwo hat alles seine Grenzen. Welchen Sinn macht es, Widerhaken hier zu erlauben, dort aber konsequent zu verbieten?
Ich würde mir wünschen, dass alle Kantone dem Vorbild des Kantons Zürich folgen: Fischer werden nur gebüsst, wenn sie auch wirklich etwas Verbotenes gemacht haben. Alles andere ist in meinen Augen am Ziel vorbei geschossen. Aber wie so oft im Leben: Gesetze machen nicht die, die davon nachher betroffen sind – sie werden von Menschen gemacht, die sich in der Politik engagieren, und das sind leider einfach zu wenig Fischer. Wir stehen ganz offensichtlich viel lieber im Wasser als am Rednerpult…

Dominique Lambert

 

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3 Kommentare

  1. Martin 26. September 2016

    Ganz ehrlich? Ich halte das Widerhakenverbot für absoluten Schwachsinn. In meinen Augen gehört es abgeschafft, schweizweit. Diese ganzen „Sonderregeln“ bringen bloss Verwirrung und am Ende überhaupt nichts. Aber irgendwo her muss der Kanton ja das Geld haben, wenn die Autofahrer schon bei den Geschwindigkeitskontrollen anfangen zu reklamieren. Die Schweiz, ein einzig Land von Bussgelderbezahler! Gebühren hier, Gebühren da und zum Abschmecken noch ein paar Bussgelder obendrauf. Da kann einem die Freude am schönsten Hobby schnell vergehen.

  2. Heiri 3. Oktober 2016

    Eine Auslegung der Gesetze, wo man nur wegen der vermeintlichen Absicht gebüsst wird ist in meinen Augen gesetzeswidrig.
    Ein Vorsatz ohne den Beweis einer Straftat bestrafen zu können wiederspricht, meinem Rechtsempfinden und eines Rechtsstaates. Das ist gesetzliche Willkür, nichts anderes.

  3. Albert Deucher 4. Oktober 2016

    Die Aussage, dass am gesamten Bodensee … ist nicht richtig.
    Fragen Sie Hr. Kistler oder studieren Sie die Gesetze und Verordnungen zu Bodensee (Obersee) und Untersee.

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