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Petri-Heil

Dein Schweizer Fischereimagazin

Ein Hauch von Schweden auf dem Sihlsee

Wenn man einen Tag lang mit Hans Flury, dem Geschäftsführer von Glardon-Stucki, auf dem Sihlsee verbringen kann, lernt man einen jungen, dynamischen Mann kennen, der gerne fischt und dabei auch mal loslassen kann.

Es ist kalt und windig, das Wasser des Sihlsees an diesem Morgen trüb und mit 17 Grad ganze acht Grad wärmer als die Luft. Auch wenn Hans «Häs» Flurys Prognose nicht wirklich gut aussieht («Es wird schwer, der Sihlsee ist ein Saubock – erstens ein Bergsee und dann dazu noch ein Stausee. Es wird harzig laufen!»), habe ich vollstes Vertrauen in den Chef der drei Firmen Glardon-Stucki (17 Mitarbeitende, zwei Standorte), En Gros Sport-Fisch (4 Mitarbeitende, zwei Standorte) und Happy-Fish (ein Mitarbeiter, ein Standort).

Brandneue Köder

Klar, dass man selber kein Equipment mitbringt, wenn man mit dem «Häuptling» von Glardon-Stucki fischt. Alles wird von ihm zur Verfügung gestellt. So auch heute. Häs überreicht mir eine Egli-, eine Zander- und eine Hechtrute. Allesamt mit Geflochtener in verschiedenen Farben auf Okuma-Stationärrollen bestückt und – natürlich – von Stucki.
Seine Köderboxen, die er mit aufs Boot gebracht hat, lassen jeden Raubfischer vor Neid erblassen: Gummis, Wobbler, Spinnerbaits in allen Grös­sen, Spinner, Hegenen, und, und, und.
Als besonderes «Schmankerl» präsentiert mir Häs voller Stolz brandneue Köder. «Diese von uns selber entworfenen Prototypen habe ich erst letzten Fretag per Post bekommen. Sie imitieren einen Egli und sein Schwimmverhalten perfekt und haben darüber hinaus Augen, die unter ultraviolettem Licht leuchten.»
Selber entworfen? «Bisher», so erklärt der Stucki-CEO, «haben wir in der Fanatics-Linie ausschliesslich mit bestehenden
Köderformen gearbeitet.» Nach dem immensen Erfolg der modern-rockig daherkommenden Linie aber werden jetzt Köder selber bei Glardon-Stucki entworfen. Wie eben dieser vorliegende Gummi-Egli.Er bekommt dann aber noch eine Lackierung und wird nicht so «nackt» verkauft, wie wir den Köder heute fischen. «Der Dekor wird auf realistischen Farben und Zeichnungen basieren.»

 
Fehlbisse

Es brennt uns unter den Fingern, diese Neuheit ausgiebig zu testen. Die Vibrationen, die der Köder via Geflochtener in die Rute schickt, sind eindrücklich. Wie ein Wobbler! Häs peitscht den Köder regelrecht durchs Wasser.
«Biss!», ruft er und reisst die Rute nach oben. Aber kein Fisch bleibt am Haken. Dafür eindrückliche, tiefe Spuren im grellgelben Gummi. Keine zehn Würfe später knallt es wieder in seiner Rute – wieder ein Fehlbiss. Leider.
«Sonst fische ich nie tagsüber hier», rechtfertigt sich der 38-jährige vierfache Familienvater aus Willerzell. «Ob du es glauben willst oder nicht, ich komme viel seltener zum Fischen als früher!» Höchstens an den Abenden schaffe er es jeweils auf den Sihlsee, meist, um auf Zander zu «gümmälä». Oder auf Hecht. Diese Zeit genies­se er dafür dann aber in vollen Zügen.
Wie auch die Zeit, wenn er mit seiner Familie in die Natur gehe, wo seine Frau und die Kinder baden, während er – wenigstens zwischendurch immer mal wieder – einer weiteren grossen Leidenschaft, dem Fliegenfischen, frönt.
«Überhaupt», so Flury, «sind mir die ruhigen Arten des Fischens eher fremd.» So wisse er beispielsweise nicht einmal mehr, wann er das letzte Mal einen toten Köderfisch am Zapfen ausgelegt hätte. «Das ist zu langweillig für mich, ich muss immer in Bewegung bleiben!»
Erst gestern Abend sei er hier draussen gewesen, habe einen Hecht verhaften können. Im Beisein seiner fünfjährigen Tochter, die unbedingt mit dabei sein wollte, dann aber Angst vor dem gefangenen Fisch hatte.

Vom Werkzeugmacher zum Stucki-CEO

Bei uns aber läuft es grad gar nicht rund. Als wir knappe vier Stunden später noch immer keinen Fisch gefangen haben, macht sich der knurrende Magen bemerkbar und wir beschliessen, ein Restaurant anzusteuern. Beim Essen haben wir Zeit, uns abseits des Wassers über Häs’ Werdegang zu unterhalten. «Ich bin eigentlich gelernter Werkzeugmacher», erklärt er. Er wollte sich nach bestandener Lehre selbständig machen und kam dann «wie die Jungfrau zum Kinde» zu seiner jetzigen Tätigkeit, indem er von seinem Schwiegerpapi Paul Schönbächler die Geschäftsführung des En Gros Sport-Fisch in Willerzell sowie den Sport-Fisch in Wetzikon nach und nach übernahm. «Ich musste zuerst einmal erfahren, ob ich mich überhaupt mit dem Fischen auseinandersetzen konnte und wollte. Denn: Seit ich ein Kind war, hatte ich nie mehr gefischt!»
Wie Sie jetzt sicher erahnen, konnte er es sich vorstellen, sich mit uns Fischern beruflich «herumzuschlagen»…
Häs’ Engagement im Fischereigeschäft war erfolgreich, und später sei es einem glücklichen Zufall zu verdanken gewesen, dass sie auch noch die Schweizer Traditions-Firma Stucki-Thun kaufen konnten.
In der Zwischenzeit hatte sich Häs auch zu einem angefressenen Fischer gemausert, der immer mal wieder gerne in seinen Ferien die Seen Schwedens – übrigens fünf Jahre lang die Wahlheimat von Papa und Mama Flury – unsicher machte. Es überrascht daher auch nicht, dass der dort geborene Häs der schwedischen Zunge mächtig ist.

 
News von Stucki-Front

Frisch gestärkt am Wasser probieren wir weiter, etwas Geschupptes ans andere Ende der Schnur zu bringen. Zwischendurch immer mal wieder ein «Rüpfli», aber nicht mehr. Mist!
Dafür plaudert Hans Flury aus dem Nähkästchen, was die geplanten Neuheiten in seinem Unternehmen angeht: «Stucki wird eine Fliegenruten-Serie bringen, aber es dauert noch ein Weilchen, bis wir die präsentieren können.» Wahrscheinlich sei die Präsentation an der Messe «Fischen-Jagen-Schiessen» 2018. Eine 5er, eine 6er und eine 8er sollen es werden, erklärt er.
Wie wenn er sich für die lange Entwicklungszeit entschuldigen müsste, fügt er an: «Wir wollen, dürfen und können nicht mit einer unausgereiften Rutenserie auf den Markt kommen. Daher auch die lange Testphase: Wir müssen sicher sein, dass wir die bestmöglichen Ruten präsentieren können. Ansonsten lassen wir es besser!»

«Besser als Arbeiten!»

Am frühen Abend, kurz vor sechs Uhr, beginnt dann noch der Himmel, seine Schleusen zu öffnen. Wie wenn er uns sagen wollte: «Nun verschwindet doch endlich ihr zwei, habt ihr immer noch nicht kapiert, dass ihr hier heute nichts fangen werdet?»
Zugegeben, es ist nicht leicht, sich einzugestehen, nach zehn Stunden kein einziges Schwänzli gefangen zu haben. Aber solche Tage gibt es, was will man machen?
«Naja, haben wir halt keinen Fisch. Aber toll war der heutige Tag dennoch!», meint Häs. Und fügt gleich noch mit einem Augenzwinkern an: «Viel besser als Arbeiten!»

Dominique Lambert

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