Moderne Finesse-Techniken bieten uns mit wenig Aufwand eine Vielzahl an Möglichkeiten, unseren heimischen Räubern auf die Schliche zu kommen. Gerade im Winter funktionieren sie perfekt!
Anders als noch vor wenigen Jahren ist es in meinen Revieren mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, zu Texas- oder Carolina-Rig zu greifen, obwohl diese Finesse-Rigs ursprünglich in den USA zum Schwarzbarschfischen entwickelt wurden. Dabei machen aber viele den Fehler, dass sie ihr Gerät nicht an diese Techniken anpassen. Als aussenstehender Beobachter hat man das Gefühl, dass die Finesse-Rigs ohne Überlegung nur an das Gerät «angehängt» werden. Häufig wird ein zu schweres Bulletblei mit einem XY-Köder im Schlepptau durchgekurbelt, in der Hoffnung, dass irgendwann einmal vielleicht ein Fisch anbeisst. So lassen sich die Finesse-Techniken aber nicht richtig ausreizen!
Leidenschaftlich in Häfen
Ich fische gerade in der kalten Jahreszeit leidenschaftlich gerne in allen möglichen Häfen und treffe hier des Öfteren andere Fischer. So kommt es automatisch zu Vergleichen. Denn immerhin fischen wir hier auf engem Raum und unsere Köder landen vor den Mäulern der gleichen Räuber. Mit meinen Fängen brauche ich mich dabei nicht zu verstecken. Nicht selten komme ich erfolgreicher nach Hause als andere. Doch warum ist das so?
Zuallererst muss man sich natürlich mit seinem Revier auseinandersetzen. Denn nur wer sein Revier kennt, fängt gut. Die Ecken, die ich im Winter befische, sind flache Häfen und Stege. Hier ist im Sommer die Hölle los: Unzählige Boote wühlen jeden Tag das Wasser auf und von den Anlagen fällt auch allerhand ins Wasser: Wir finden Holz, Stahl und andere Strukturen im Wasser, die mit der Zeit von Organismen bewachsen werden und so als Schattenspender und Nahrungsquelle gleichzeitig dienen.
Wenn der Winter kommt, verschwinden die Boote und die Touristen, über Wasser kehrt Ruhe ein. Die Anlagen verfallen in eine Art Winterschlaf. Doch unter Wasser belebt sich der Hafen auf einmal. Riesige, gemischte Weissfisch-Schwärme ziehen in die Häfen. Kiloschwere Rotaugen und fingerlange Lauben stehen nun als Schwarm beisammen. Klar, dass diese Futterquelle auch eine Vielzahl von Raubfischen anlockt, finden sie doch jetzt Ruhe, Einstände und Futter vor. Und genau auf diese Räuber habe ich es abgesehen!
1 bis 3 Meter reichen
Wir wissen also, wo die Raubfische stecken – und müssen sie «nur» noch überlisten! Wie ich dabei vorgehe, möchte ich hier zeigen. Entgegen der weit verbreiteten Meinung, die Fische zögen sich im Winter in die tiefsten Bereiche zurück, reichen in den Anlagen, die ich bevorzugt befische, Tiefen zwischen einem und drei Meter locker aus.
Zumeist finden wir hier eine Algenschicht auf dem Grund, die das Fischen mit schweren Gewichten nahezu unmöglich macht. Um hier erfolgreich zu sein, bedarf es meistens einer «tackletechnischen Radikal-Diät».
So leicht wie möglich
Ich fische gern mit feinen Ruten. Meine Spinn-Kombo hat ein Wurfgewicht bis 14 Gramm und liegt mit einer 1000er-Rolle den ganzen Tag ermüdungsfrei in der Hand. Die zweite Combo ist eine Baitcaster-Combo mit einem Wurfgewicht bis 18 Gramm. Welchem Rollentyp man persönlich den Vorzug gibt, spielt meines Erachtens nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger ist die Fast-Taper-Aktion, die uns sofort «meldet», was unter Wasser passiert, und die auch jede unserer Handbewegungen direkt bis zum Köder weiterleitet.
Ich fische in den Häfen dazu gern eine unauffällige Geflechtschnur mit einer Tragkraft von maximal fünf Kilogramm. An diese Geflochtene knote ich direkt ein 0,20er- bis 0,25er-Fluorocarbonvorfach an. Das Vorfach wähle ich mit zwei Metern eher lang. Zum einen schützt es so die Geflochtene besser vor Abrieb, und zum anderen verkürzt sich das Vorfach im Laufe des Tages ohnehin durch Hänger und Neumontage.
Als nächstes ziehe ich ein Tungsten-Bullet auf. Zumeist fische ich Gewichte von 5 bis 7 Gramm. Aber immer wähle ich das Gewicht so leicht wie irgend möglich. Das ist auch einer der Gründe, warum ich auf zusätzliche «Anbauteile» wie Einhänger, Wirbel, Knotenlosverbinder usw. verzichte. All diese Teile verursachen nur zusätzliches Gewicht.
Anschliessend folgen nach Belieben eine Glasperle (wenn man denn «Klack»-Geräusche durch diese Perle wünscht) oder mindestens drei feste Gummistopper, wie sie beim Zapfenfischen zum Einsatz kommen. Drei Stopper hintereinander sollten es deshalb sein, weil sonst bei kraftvollen Würfen das Bullet-Gewicht schnell mal die Stopper verschiebt. Abschliessend folgt ein leichter, scharfer und dem Köder angepasster Haken, welchen ich meist mit der Rapala-Schlaufe montiere. Die Schlaufe verleiht dem Köder ein Maximum an Beweglichkeit.
Als Köder fische ich am liebsten aromatisierte Gummis zwischen 7 und 15 Zentimeter. Ob dann eher No-action- oder Action-Köder zum Einsatz kommen, hängt von der Tagesform der Raubfische ab. Ich für meinen Teil beginne gern mit zehn Zentimeter langen, schlanken Action Shads. Die Stoppergummis ziehe ich dabei bis zum Knoten der Hakenschlaufe herunter, was eine klassische Texas-Montage ergibt.
Mit Klicken auf die Spur
Nach dem Auswerfen lasse ich den Köder bis zum Grund sinken. Mit kleinen Sprüngen führe ich die Montage langsam und gefühlvoll wieder zu mir heran. Sind aktive Fische unterwegs, dauert es meist nur fünf oder sechs Würfe bis zum ersten Biss. Das Klicken lockt immer mehr Egli auf die Spur unseres Köders. Steht man an der richtigen Stelle, erfolgt nun Biss auf Biss. Zeitweise wird der Köder schon direkt nach dem Auswerfen attackiert. Doch nach einigen Würfen klingt die Beisslust ab. Die Fische haben ihre erste Aggressivität ausgelebt und stehen dem Köder nun allmählich skeptischer gegenüber. Ein Köderwechsel könnte jetzt noch zwei, drei weitere Bisse provozieren, aber danach wäre Schluss. Man könnte nun meinen, die Fische seien weitergezogen und man müsse nur weiterfischen, weil sie «irgendwann zurückkommen». Das glaube ich aber nicht. Ich schiebe stattdessen die Stoppergummis etwa 30 Zentimeter weiter vom Haken weg und erhalte so ein klassisches Carolina-Rig. Das präsentiere ich langsam über den Grund schleifend. Dabei mache ich immer wieder Pausen von zwei bis vier Sekunden. In den Pausen kommen oft die Bisse. Dieser Führungsstil ist diskreter als beim Texas-Rig, was dazu führt, dass die Fische ihren Argwohn reduzieren und wieder beissen.
Immer mal was Neues
Später hört das Beissen aber erneut auf. Also muss man sich wieder etwas Neues einfallen lassen. Als nächstes nehme ich meine Montage auseinander, entferne die Glasperle und wechsle auf ein noch leichteres Bulletblei von vielleicht nur drei Gramm. Die Köderführung wird dadurch zwar etwas schwieriger, aber man muss auch nicht jeden Zupfer spüren!
Das heisst aber nicht, dass ihr unkonzentriert werden dürft. Ich fische dann ein Silent T-Rig und habe dank hochwertigem Tungsten-Bullet dadurch mehrere Trümpfe in der Hand. Ein Tungstengewicht ist kleiner als eines aus Blei oder Messing und findet immer noch den sicheren Weg zum Grund. Auch kann ich es variabel über Grund oder auch im Mittelwasser anbieten.
Dieses leichte Rig ist neu für die Fische – und sie beginnen nun wieder zu beissen! Lasst euren Köder auch mal phasenweise wie einen Deadbait auf dem Grund liegen. Dank Aroma im Gummi bekommt man selbst so noch Bisse. Werden diese wieder seltener, fischt man auch diese geräuschlose Montage mit verlängerten Vorfach als C-Rig.
Wenn sich danach die Fische erneut rar machen, ist wieder Basteln angesagt. Jetzt ziehe ich zuerst einen Stopper auf, dann das Bullet und dann noch einen Gummistopper. Der Clou: Zwischen den beiden Stoppern lässt sich das Bullet unbeweglich fixieren!
Als Köder montiere ich einen etwas grösseren Köder, gern ein Krebs-Imitat. Denn damit können wir versuchen, grössere Egli aus der Reserve zu locken. Diese halten sich auf den gleichen Plätzen wie die mittleren Fische auf. Nur überlegen sie sich ganz genau, wann sie ihre Flossen bewegen!
Ich fische also etwa alle 15 Minuten ein anderes Rig, anstatt die Stelle zu wechseln. Bekomme ich dann aber trotz aller Versuche keine weiteren Bisse, stelle ich das Fischen einfach mal eine halbe Stunde ein und mache eine Kaffeepause und wärme mich dabei auf. Aber viel wichtiger ist, dass die Welt unter Wasser wieder zur Ruhe kommt! Nicht selten kann man deswegen nach so einer Pause wieder richtig gut fangen. Es scheint, als hätten die Fische in der kurzen Zeit alles vergessen. Wer pausenlos weiterfischen möchte, der sucht sich zwei solcher Stellen im Hafen und pendelt einfach jede Stunde zwischen diesen beiden Plätzen.
Und nun Hand aufs Herz: Wenn ihr euer Gerät anschaut, so ist da doch sicherlich noch eine Diät möglich, oder? Glaubt mir, wenn ihr es verfeinert, läuft es mit den Finesse-Rigs einfach besser.
Mathias Brauch



