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Petri-Heil

Dein Schweizer Fischereimagazin

Wie geht es weiter mit der Äsche?

Die einst sensationell gute Äschenpopulation im Hochrhein hat sich nach dem Hitzesommer 2003 nie mehr ganz erholen können. Und wenn man die Entwicklung seither zum Ausgangspunkt nimmt, hat man (fast) nur düstere Aussichten. Und trotzdem, oder gerade deswegen, lohnt sich der Einsatz für die Äsche. 

Das Fischsterben im Schaffhauser Rhein wird in den nächsten Monaten aufgearbeitet werden. Die Schaffhauser werden dann hoffentlich viele Details über ihren «Bach» in Erfahrung bringen können. Da sind die blauen Fässer, bis an den Rand mit grossen, toten Fischen angefüllt, die es via Fernsehen in alle Stuben der Schweiz und sogar in die internationale Presse geschafft haben. Und auf der anderen Seite sind es gegen die hundert Leute, die eines Abends dastehen und mithelfen wollen bei der grossen Rettungsaktion für die Äsche. Ein Fisch notabene, den exponierte Personen der Schweizer Fischerei bereits aufgegeben haben. Andere wiederum bemühen bei dieser Gelegenheit schulterzuckend das plötzlich so gut passende Totschlagargument des «Survival of the Fittest», im Sinn von: Sollen die Rheinfischer halt auf Alet fischen. Doch diese Stimmen bleiben zum Glück in der Minderheit. 

Die durchwegs positive Berichterstattung und das beeindruckende Engagement hat die Äsche auf die Agenda gebracht, jetzt kann niemand mehr sagen, die Äsche interessiere sie nicht. 

Viele Leidensgenossen

Die Äsche teilt ihr Schicksal mit vielen Leidensgenossen: Ihr Lebensraum ist bedroht und diese Bedrohung akzentuiert sich mal für mal stärker. Der Mensch greift in die Lebensräume ein, belastet die Ressourcen, vergiftet die Lebensgrundlage und als Konsequenz daraus sind die einst fast unermesslichen Bestände kleiner und kleiner geworden. Hinzu kommen neue Bewohner im angestammten Lebensraum; der Höckerflohkrebs, der Stichling, die Körbchenmuschel usw., deren Einfluss auf das Ökosystem schwer abzuschätzen ist. Im Gegensatz zu Biber, Kormoran, Fischotter, Luchs, Bär oder Wolf wurde die Äsche niemals gnadenlos gejagt. Nicht mal dem «tumbsten» unserer Vorfahren wäre es in den Sinn gekommen, die so sanftmütig erscheinende Äsche als Schädling zu bezeichnen. Stehen die vorher genannten Arten allerdings mehr oder weniger am Ende der Nahrungskette, ist dies bei der Äsche nicht der Fall. Und ihre beiden grössten Feinde, der Mensch und der Kormoran, sind zahlreicher denn je. Hätte man also der Äsche einfach ein paar Flussabschnitte überlassen, in denen sie sich von alleine hätte erhalten sollen, so wäre sie wohl tatsächlich bereits ausgestorben.  

Aktiver Schutz

Also muss die Äsche mit anderen Mitteln geschützt werden. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als ihren Lebensraum beharrlich zu verbessern, indem man die Prädatoren vertreibt, die Laichhabitate optimiert, die Aufzucht voranbringt, finanzielle Mittel erschliesst und mit allen massgeblich Beteiligten aktiv den Konsens sucht. Wer diesen Aufwand betreibt, wird tatsächlich Erfolge vorweisen können. Plötzlich reichen ein, zwei Telefonate für Handlungs- und Beschlussfähigkeit – und man hat die Naturschützer, die Ornithologen, den Kanton und den Bund als verlässliche Partner gewonnen. Dafür bedarf es aber einer gehörigen Portion Idealismus, denn der Äschenfang kann zu Recht schon lange nicht mehr mit dem Schielen auf finanziellen Gewinn betrieben werden.

Zukunftsweisende Standbeine

Man kann die Standbeine für ein zukunftsweisendes Äschenmanagement herausarbeiten. Samuel Gründler sieht in der Vergrämung des Kormorans einen ersten zentralen Punkt für das Bestehen der Hochrhein-Äschen­population, die im Übrigen auch im Seerhein hervorragende Lebensbedingungen vorfinden würde. Leider lernen die jungen Kormorane die Jagd auf die Äsche aber rascher als die juvenilen Äschen das richtige Fluchtverhalten. Wird dem Kormoran nicht Einhalt geboten, kann er Äschenpopulationen schnell sehr empfindlich dezimieren. Gerade wenn die Äschen auf ihren Laichplätzen stehen, sind sie eine leichte Beute für die opportunistischen Fischjäger. Das zweite Standbein ist die überregionale Koordinierung der Bestandeserhaltung. Eine Kormoranwache ist nur wirksam, wenn in allen strategisch wichtigen Teilen gejagt werden darf. Und dafür müssen auch alle beteiligten Kantone und Ämter die Angelegenheit ernst nehmen. Dasselbe gilt für Revitalisierungen und für die Fischgängigkeit. Nur wo eine Wanderung überhaupt möglich ist, wo sich ein Geschiebehaushalt einstellen kann, nur in diesen grossen Lebensraum-Dimensionen kann der Bestand langfristig gesichert werden. Und dann müssen sich auch die Fischer mässigen und ihre «Entnahmepolitik» nicht an den goldenen Zeiten von ehemals messen. Wenn die Fische vor dem Frassdruck der Kormorane in die befriedeten Gebiete ziehen, soll man sich auch bei einem vermeintlich guten Bestand zurückhalten und Kontingente auch mal Kontingente sein lassen. Die Fischer und Behörden müssen sich schliesslich auch zusammentun und nicht gegeneinander arbeiten, wie dies leider immer noch viel zu häufig quer durch die Schweiz passiert. Dafür sind solche Ausnahmesituationen hilfreich, sie einen die Fischer, wie man in diesem Sommer gesehen hat. Und geeint kann man viel erreichen, kann man 10 000 Fische retten, kann man eine Art vor dem Verschwinden bewahren. Dies allerdings ist weniger eine Frage des Wissens, vielmehr eine Frage des Glaubens.

Text:  Nils Anderson   |   Foto:  Rainer Kühnis & Samuel Gründler


Einen ausführlichen Bericht wie es der Äsche im Sommer 2018 am Hochrhein erging, findest Du im aktuellen «Petri-Heil» 10/2018

 

Fonds zur Rettung der Rheinäsche

«Petri-Heil» hat 400 Franken in den Fonds zur Rettung der Rheinäsche eingezahlt. Mit diesem Fonds werden die populationserhaltenden Massnahmen für die Rheinäsche finanziert, so die Kormoranabwehr (Prädatorenvergrämung), der Fischbesatz und Studien über die Äsche und ihren Lebensraum. 

«Petri-Heil» hat 400 Franken in den Fonds zur Rettung der Rheinäsche eingezahlt.Koordiniert werden die Aktionen zum Erhalt der Äschenpopulation des Hochrheins durch die Äschenkommission der Kantone Schaffhausen, Thurgau und Zürich. Sie beschliesst Massnahmen und überwacht die Finanzierung. 

Der Fonds zur Rettung der Rheinäsche wird hauptsächlich aus rund 15 Prozent Pachtzinsreduktion zugunsten der Kormoranabwehr gespeist, zudem aus Spenden, Zuwendungen von Stiftungen und einem Beitrag des BAFU. Sämtliches Geld kommt vollumfänglich dem Äschenmanagement zugute. Hauptsächlich wird das Geld für Kormoranabwehr, Besatz, aber auch andere Projekte wie die Finanzierung einer neuen Äschenstudie aufgewendet. Die beiden von der Kommission finanzierten Boote für die Kormoranvergrämung und Abwehr vereinnahmen den Löwenanteil der Kosten. Insbesondere das Boots-Benzin und der Unterhalt kommt mit knapp 30 000 Franken pro Jahr (!) teuer zu stehen, denn schliesslich müssen die freiwilligen Helfer im Winterhalbjahr tagtäglich aufs Wasser, um dafür zu sorgen, dass die Kormorane die Äschenbestände nicht über Gebühr reduzieren. Jedes Jahr leisten Fischer und Jäger tausende von Stunden ehrenamtlich zugunsten der bedrohten Fischart. Würde diese Kormoranwache unterlassen, wäre blitzartig aufgeräumt. Ein weiteres Feld sind die Studien, die mitfinanziert werden. Da die Äschenpopulation am Hochrhein als von nationaler Bedeutung und entsprechend schützenswert eingestuft wird, ist nicht nur deren Bestandserhaltung durch Besatz und Prädatorenabwehr, sondern auch die genaue Untersuchung ein zentraler Eckpunkt. Dies ist nicht erst seit kurzem so; es sind bereits mehrere Studien und viele Datensammlungen über die Äsche und ihren Lebensraum gemacht worden. Ein aktueller Auftrag, der von der Äschenkommission angeregt wurde, ist eine Literaturrecherche zum Thema: Das heisst ein Zusammentragen der wissens- und lesenswerten Fakten, damit die bisherigen Erkenntnisse vereint und lesbar publiziert werden. Ein weiterer Kostenpunkt sind die Sondermassnahmen, zum Beispiel die Belüftungen der «Asyl-Bäche», und sämtliche weiteren Aufwendungen, die die Massnahmen zur Fischrettung und Prädatorenvergrämung mit sich bringen.

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3 Kommentare

  1. Martin 2. Oktober 2018

    Ach herje, geht wieder mal die Welt unter? In Basel hat man eine Birsrenaturierung durchgeführt und im Jahr 2010 eine Erfolgskontrolle. Während der Renaturierung bis hin zur Erfolgskontrolle, gab es keine Besatzmassnahmen. Ergebnis: Naturverlaichte Äschen, Bachforellen und Nasen. Was ich damit sagen will: Die Fischbestände werden sich wohl erholen. Es gibt unterdessen mehr renaturierte Gewässerabschnitte, u.a. Chly Rhy im Aargau, Birs & Wiese bei Basel, Île du Rhin im Elsass, Thurmündung im Kanton Thurgau etc. Es sind also viele neue Laichplätze für Äschen und andere Kieslaicher entstanden. Wieso also so negativ? Wieso berichtet Ihr nicht mal über diese Renaturierungen dieser Flüsse, mit vorher- nachher Vergleich mit Fotos etc.? Es wird viel getan für unsere Fische und Gewässer. Die Äschenbestände werden sich bald wieder auf das „super Niveau“ von vor 2003 erholen.

    • Christoph Maurer 3. Oktober 2018

      Hallo Martin,

      die Lage am Rhein zwischen Ausfluss „Bodensee“ und Rheinfall ist bezüglich der dortigen Äschenpopulation leider etwas komplizierter als es Du in deinem sehr generalisiertem Leserbrief darstellst. Bedingt durch die geographischen Gegebenheiten See/Rheinfall sind die Äschen in diesem Abschnitt genetisch isoliert. Es können bei einem Totalausfall mehrerer Jahrgänge keine neuen Fische zuwandern und die Lücken schliessen. Die Population ist in diesem Sinne einzigartig und muss unter allen Umständen erhalten bleiben!
      Des Weiteren empfinde ich deine Aussagen gegenüber den freiwilligen Helfern, die diesen Sommer wochenlang im Einsatz standen doch etwas geringschätzig.

      Deine Anregung bezüglich einer Berichterstattung über erfolgreicher Renaturierungsprojekte unterstütze ich ebenfalls.

      Thurgauer Fischereiverband
      Christoph Maurer

      • Martin 3. Oktober 2018

        Hallo Christoph
        Nun, ich habe nicht die Freiwilligen Arbeit kritisiert bzw. kritisieren wollen. Vielmehr den Fakt, dass die Berichterstattung immer sehr einseitig verläuft. Bspw. hat man vor ein paar Jahren am Doubs Fische mit Pilzbefall gefunden. Die Resultate sind immer noch nicht bekannt. Seit der Annahme der Initiative „lebendiges Wasser“, wurden einige Renaturierungsprojekte fertig gestellt und auch gegen Schwall und Sunk versuchen die Kraftwerksbetreiber anzugehen, in dem sie bspw. Rückhaltebecken bauen, um das Wasser gleichmässiger abzulassen. Ich finde einfach, es dürften ruhig auch einmal die positiven Aspekte dokumentiert werden. Oder einmal zeigen, wie weit der Gewässerschutz seit bspw. den 60 Jahren vorangeschritten ist. Damals war baden in Rhein, Aare und vielen Gewässern nicht möglich oder nur auf eigene Gefahr hin. Fischsterben gab es damals jedes Jahr. Berichte über Fortschritte würden auch einmal das Erreichte aufzeigen. Als Beispiel: In der Birs laichen seit der Renaturierung wieder Äschen, Bachforellen, Nasen, Elritzen etc. und auch das Bachneunauge kommt wieder vor. Die Fischdichte hat sich teilweise um den Faktor 18 erhöht. Wieso liest man nie davon?

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